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"Meine Heimat auf dem Land" von Klaus Dattner

20. 11. 2022
Meine Heimat auf dem Land - Singhofen

 

In einem Dorf am Taunusrand,
so zwischen Lahn und „Blauem Land“,
ist meine Heimat, immer schon,
da ich nur hier, sonst nirgends wohn‘,
gehör‘ hier hin, bin hier geboren,
hab in der Fremde nichts verloren,
wollt niemals weg, bin hier geblieben,
nichts hat mich in die Welt getrieben.

 

Hab meine Kindheit hier verbracht,
gespielt, geweint und viel gelacht.
Hier gab es eine Kinderbande,
die sich die „Stienegässer“ nannte.
Bei manchem Kinderkampf-Getümmel
gab’s Senge für die kleinen Lümmel,
doch völlig harmlos, kindgerecht,
und meistens blieb’s beim Wortgefecht,
und später, in den nächsten Tagen,
da hat man sich auch gut vertragen.

 

Heimat….das sind meine Ahnen,
doch ohne Wappen oder Fahnen,
da meine Vor- und Vor-Vorfahren
zwar fleißig, aber reich nicht waren.
Man fand bei bäuerlicher Prägung
zu leichtem Leben keine Regung.
Der Krieg war noch nicht lange her,
das Leben auf dem Land war schwer,
von morgens früh bis abends spät,
vor’m Schlafengeh‘n ein Nachtgebet.
Bei harter Arbeit ohne Ende,
besaß man spröde, raue Hände.

 

Heimat…..ist, wie Oma kochte,
und keinen gab’s, der das nicht mochte,
nicht für die Linie, für die Kraft,
denn alle haben schwer geschafft.
Ganz oft, wenn’s richtig gut geschmeckt,
hab ich den Teller abgeleckt!
Ihr Essen war kartoffellastig, 
sehr schmackhaft, aber etwas mastig.
Fleisch gab es früher eher selten,
dafür Kartoffeln, die gepellten,
mit Milch und Butter und mit Salz,
dazu ein Brot mit Griebenschmalz.

 

Ich werd‘ die „Markklößchen“ vermissen,
nichts von den „Lange Klöß“ mehr wissen,
dies alles ist so lange her,
die Kochrezepte gibt`s nicht mehr,
ihr altes Wissen ist verschwunden
und wird auch niemals mehr gefunden.
So manches einfache Gericht
wird heute kaum noch aufgetischt.

 

Heimat….sie ist in mir drin,
in allen Fasern, jedem Sinn,
all die Geräusche, die vertraut,
der freie Blick, wohin man schaut,
Gerüche, die zum Land gehören,
die aber keinen wirklich stören.
Hier sind die dunklen, dichten Wälder,
die freien Wiesen, satten Felder,
und über allem, klar und weit,
ein Himmel, der vom Stress befreit.
Da sind die Wege und die Plätze,
die Bank, auf die ich gern mich setze,
an einem Bächlein, das sich windet,
bis es im nahen Wald verschwindet.

 

Heimat…..wo jeder jeden kennt,
wer liebt sich, wer hat sich getrennt,
wer fährt in Urlaub, und wohin,
man ist bei allem mittendrin!
„Hosde gehehrt, de Kall es krank, 
unn e hott Ärjer met de Bank,
isch glaab, de Molle Klaus es duhd,
dah giht et em ganz sischer guhd!“
„Guhde, hosde schunn gehehrt,
de Fritz hodd nedd die Gass gekehrt,
hodd en ohm End de Schlaach getroffe?
Och word, deh wohr bestimmd besoffe!“
Derlei Gespräche vor dem Haus,
die liebt man hier und tauscht sich aus,
in Heimatsprache, Dialekt,
in „Platt“, doch ehrlich und direkt.

 

Heimat…..das sind alte Namen,
die alle hier im Dorf bekamen,
wie „Filpspiersch“ oder „Peterpatts“
sie noch zu kennen, ist ein Schatz,
so wie bei „Bahlstans“ oder „Bremsersch“,
„Wahnersch, „Reederts“ oder „Metzjersch“,
„Schmittmolle“ gab es oder „Molle“,
hier spielte jeder seine Rolle,
ob „Henneklose“, „Vornneklose“,
vertraute Namen, und famose.
Dann gab es noch die „Filpsandriese“
und viele Namen, so wie diese,
(der Drang, mich zu erinnern , keimt,
drum schreibe ich sie ungereimt)
„Wäjskopps, Dorwedds, Wiejans, Häjsjess,
Misslersch, Jerwelms, Hammichels, Pulsche,
Ojlbauersch, Unnerjernes, Owwerjernes, Wäjsersch, 
Hofmannswäjsersch, Hordtefelse, Hannfeldes, 
Gehannorms, Vornnebiesches, Hennebiesches, 
Drehersch, Päjdersch, Lahjdeckersch, Reschnersch, 
Ferschdersch, Pische, Pumbe, Millersch en de Gass, 
Ransennersch, Hennerschjorkobs, Hähnsches, 
Hammberjersch , Klahklose, Hennerschpiersch, 
Possmichels, Sandklose“,
die nur die Alten heut noch kennen,
bald wird sie niemand mehr so nennen,
sie alle wollte ich hier schreiben,
damit sie im Gedächtnis bleiben.

 

Heimat….ist das „Heimatfest“,
ich gab mir manches Mal den „Rest“,
jung, wie ich war, und unerfahren,
das wurde besser mit den Jahren.
Vielleicht , so denk ich manches Mal,
lag’s an der dort erlitt’nen Qual,
vor sechzig Jahr und einem Tag,
mein Trauma, das ich hier beklag‘.
Die Eltern schickten mit Humor,
mich in den Kinder-Volkstanz-Chor,
um in den kurzen Lederhosen,
und Hut, in tänzerischen Posen,
in einstudiertem Volkstanz-Schritte,
und in des Festzelts Bühnenmitte,
die Partnerin am Arm gepackt,
mich drehend im Dreivierteltakt,
den Tanz beendend, um zu singen,
zum Grölen alle Leut‘ zu bringen.

 

Mein Outfit war, wie immer, ärmlich,
mein Auftritt insgesamt erbärmlich,
das hatte mich, ein Kind, verletzt
und sich als Trauma festgesetzt!
Doch nun zurück zum Heimatfest,
das niemand‘ unbeteiligt lässt.
Es gab Musik, und Tanz und Essen,
das Kirmesbier nicht zu vergessen,
das man bei viel zu viel Genuss
wenn’s dreht sich, nochmal anseh’n muss,
die Los- und Schießbud‘, Karussell,
für kleine Kinder nicht zu schnell.
Die Jugend hing am Autoscooter,
bei Rockmusik, oft richtig guter,
bis spät am Abend, irgendwann,
die Festzeltklopperei begann.

 

Die Hauerei war stets Programm,
und manchmal war es richtig stramm,
dann musste man die „Butze“ holen.
Die kamen schnell, man hat befohlen,
man möge sich alsbaldig trennen.
„Und Du, hör auf hier rumzuflennen!
Und überhaupt, was ist passiert,
wer hat die Prügel einkassiert,
und wer von euch hat ausgeteilt?
Ich glaub, der ist ganz schnell enteilt!“
So war’s bei jedem Heimatfest,
das hab gehasst ich, wie die Pest,
drum war ich, wohl auch durch mein Trauma,
die letzten vierzig Jahre kaum da.

 

Wer dieses Landleben nicht kennt,
denkt leicht, man hat die Zeit verpennt,
doch liebe Leute, lasst euch sagen,
ich hör‘ die Menschen hier nicht klagen.
Hier gibt es alles, was man braucht,
was für ein gutes Leben „taucht“:
der „Wendleps“, unser Eiffelturm,
die Kirche ist der Kölner Dom,
der Marktplatz, ein urbaner Schatz,
zwar ohne Markt, jedoch ein Platz,
wir haben einen Wasserfall,
das Mühlbach- und das Dörsbachtal,
mit steilsten Hängen, felsenreich,
und jeweils einem Canyon gleich.

 

Die „Wacken“, Fels aus alten Welten,
die alte Fliehburg von den Kelten,
zwei Orte, die hier jeder kennt,
die heute „Kraftorte“ man nennt,
ein Haus mit Zinnen, wie ein Schloss,
und doch das „Wasserhäuschen“ bloß,
den Louvre gibt’s in „Pulsche Scheuer“,
jeder Besuch ein Abenteuer.
Wir haben „Wimbledon“ im Kleinen,
der Sportplatz will wie „Wembley“ scheinen,
die Pferde, Ziegen, Schafe, Rinder,
ein Freiland-Zoo für alle Kinder,
ein Haus für Bürger, eins zum Schießen,
ein Schwimmbad auch, mit Liegewiesen,
ein Raum für Chöre, um zu singen,
ein Platz, um mit dem Pferd zu springen,
und viele Wege, um zu reiten,
ein Eiscafè für heiße Zeiten,
und schließlich, fast zum guten Ende,
gibt es ein Segelflug-Gelände.
Mein Dorf liegt an der Bäderstraße,
das ist die Nord-Süd-Taunus-Trasse,
auf der manch jugendlicher Held
sich aufmacht in die weite Welt.

 

Heimat…..die Erinnerungen,
die hier noch gar nicht angeklungen:

 

….die alte Schule bei der Kirche,
beim Abriss starb sie mit Geknirche,
und mit ihr starb der Schüler Leid,
für manche war’s ne harte Zeit,
hier lernte Rechnen man und Schreiben
und konnte auch mal „Sitzen bleiben“.

 

….die Abende in „Heinze Keller“,
das Bier bei Musikbox-Geträller, 
das Kino in der „Alten Post“,
der Eintritt hat fast nichts gekost‘,
die kleinen Läden, die es gab,
Discounter waren dann ihr Grab.

 

….der erste Kuss, der „richtig“ war,
vor vielen und noch einem Jahr,
ich weiß noch heute, was ich spürte,
da es mich richtig tief berührte,
und dennoch war es nur ein Spiel,
die Probe für ein and’res Ziel.
….die Menschen, die besonders waren,
sie alle starben schon vor Jahren,
sie waren einzig, manchmal artig,
ihr Schicksal machte sie nicht madig,
sie leben weiter in Geschichten,
man sollte mehr davon berichten.

 

….Ereignisse, Aufseh’n erregend,
nicht welt-, stattdessen dorfbewegend,
vergessen wird zum Beispiel nie
die Planung von der Deponie,
sie brachte Ärger und Gestank,
doch Arbeitsplätze , Gott sei Dank!

 

….die Gräber aller meiner Lieben,
sonst ist von ihnen nichts geblieben,
geh‘ in Gedanken zu den Jahren,
als wir eine Familie waren,
wünsch‘ mir, wenn an dem Grab ich stehe,
dass ich sie einmal wiedersehe.

 

Dies ist‘s, wie ich mein Leben sehe,
was unter Heimat ich verstehe,
die Summe vielerlei Faktoren,
die ich als Beispiel auserkoren,
sie sind Erinnerungsgeflecht
von dem was gut war, und was schlecht.
Mein Blick auf meine kleine Welt,
hier leb‘ ich so, wie’s mir gefällt,
ganz ohne Stress durch Autolärm
und ohne Grummeln im Gedärm,
hab Ruhe meist, bei Tag und Nacht,
und ich hab’s mir bequem gemacht.
Mag sein, hier ist rein gar nichts los,
mir reicht‘s, ich find‘ es grandios!

 

© Klaus Dattner, 2022

 

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